Funktionsbereich Palliativmedizin
Der Funktionsbereich Palliativmedizin verlinkt die Bereiche klinische Versorgung, Forschung und Lehre miteinander. Wir sind bestrebt, unsere palliativmedizinischen Versorgungsangebote für alle betroffenen Patienten und Angehörige fortlaufend zu verbessern. Daher sind Forschungsprojekte im noch jungen Fach der Palliativmedizin ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Für alle Projekte, an denen Patienten und/oder Angehörige beteiligt sind, wird selbstverständlich deren Einwilligung eingeholt. Wird eine Teilnahme nicht gewünscht, hat dies keinerlei negative Folgen für die Betreuung.
Unsere gegenwärtigen und kürzlich abgeschlossenen drittmittelgeförderten Forschungsprojekte finden Sie unten.
Aktuelle Projekte
Sowohl Krebs als auch Demenz sind Erkrankungen, deren Vorkommen mit zunehmendem Alter steigt. In einer alternden Bevölkerung ist damit zu rechnen, dass ein beträchtlicher Anteil der Patienten an beiden Krankheiten leidet. Dies ist mit besonderen Herausforderungen in der Versorgung dieser Patientengruppe verbunden.
Dies betrifft insbesondere die Therapiezieländerung bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen, d.h. Entscheidungen bezüglich der Beendigung der auf Lebensverlängerung zielenden Therapien (zum Beispiel Chemo- oder Strahlentherapie) unter Fortführung palliativer Maßnahmen und Fokussierung auf die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten. Die im Rahmen einer Demenz vorkommenden kognitiven (geistigen) Beeinträchtigungen, unter anderem Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten, erschweren dabei die Teilhabe und Mitwirkung älterer Patienten an Gesprächen über diese Behandlungsentscheidungen und machen gegebenenfalls eine besonderen Unterstützung bei diesem Prozess notwendig.
Das Forschungsprojekt untersucht, inwiefern ältere Krebspatienten mit kognitiven Beeinträchtigungen in der aktuellen Alltagspraxis bei der Entscheidungsfindung in Therapiezieländerungsgesprächen beteiligt werden, welche Unsicherheiten und Schwierigkeiten dabei bestehen und welche Rolle die Angehörigen im Entscheidungsprozess innehaben. Darüber hinaus sollen die besonderen Bedürfnisse der Patientengruppe und Möglichkeiten, die Teilhabe und Mitwirkung an Gesprächen über Behandlungsentscheidungen zu fördern, herausgearbeitet werden. Zur Erfassung der Perspektiven aller beteiligter Personen (Patienten, Angehörige und Ärzte) wird dabei auf einen mehrstufigen Studienablauf zurückgegriffen, der Gruppendiskussionen, die Beobachtung und Analyse von Arzt-Patienten-Gesprächen sowie eine Fragebogenuntersuchung umfasst.
Das Hauptziel des Forschungsprojekts ist die Erarbeitung eines Leitfadens, der die Partizipation kognitiv eingeschränkter Krebspatienten bei Gesprächen zu Therapieentscheidungen in den Blick nimmt. Der Leitfaden soll Ärzte dabei unterstützen, auf die besonderen Bedürfnisse dieser Patientengruppe einzugehen, und somit die Patientenorientierung in der Versorgung verbessern.
Gefördert durch die Deutsche Krebshilfe, Förderschwerpunkt "Patientenorientierung".
Projektleitung: Prof. Dr. med. Johanna Anneser, Funktionsbereich Palliativmedizin, TU München
Projektmitarbeiter: Dipl.-Psych. Tamara Thurn
Kooperationspartner: Prof. Dr. med. Dr. phil. Ralf J. Jox, Professor für geriatrische Palliativmedizin, Universität Lausanne, Schweiz
Patienten, die an einer lebensverkürzenden, fortgeschrittenen Erkrankung leiden, können im stationären Bereich palliativmedizinische Betreuung auf einer Palliativstation oder durch ein mobiles multiprofessionelles Palliativteam erhalten. Diese Teams bieten ihre Unterstützung parallel zur Betreuung in den jeweiligen Fachabteilungen an und werden von diesen bei Bedarf angefordert. Meist sind neben palliativmedizinisch ausgebildeten Ärzten auch Pflegekräfte, Sozialarbeiter und – in unterschiedlicher Häufigkeit – Psychologen, Psychoonkologen, Seelsorger, Kunst- und Musiktherapeuten sowie Physiotherapeuten in den Teams tätig.
Diese Form palliativmedizinischer Unterstützung bietet eine Reihe von Vorteilen: Patienten können in der vertrauten Fachabteilung und Station weiterbetreut werden. Kurativ ausgerichtete und palliative Behandlung können daher nahtlos ineinander übergehen. Ein wesentlicher Vorteil dieser Teams besteht darin, dass mit ihrer Hilfe eine größere Anzahl von Patienten palliativmedizinisch mitbetreut werden kann. Besonders kleinere Krankenhäuser ohne eine eigene Palliativstation können so ihren Patienten palliativmedizinische Unterstützung anbieten. Aber auch große Häuser der Maximalversorgung unterhalten – oft neben einer Palliativstation – einen mobilen Palliativdienst, um stationäre Patienten in der gesamten Einrichtung mitbetreuen zu können. Eine Reihe von Arbeiten konnte belegen, dass multiprofessionelle Palliativteams eine Verbesserung der Lebensqualität und eine höhere Zufriedenheit der Patienten, eine verbesserte Symptomkontrolle und eine Einsparung von Krankenhauskosten erzielen.
Um einen Einblick in die Struktur, Finanzierung, Akzeptanz und Arbeitsweise der bayerischen PMD zu erhalten, wurden diese im März-Mai 2011 (22 genehmigte PMD) und im November 2015 (53 genehmigte PMD) eingeladen, einen Fragebogen zu beantworten. Nachdem eine neue OPS-Ziffer zur Abrechnung einer Komplexbehandlung durch einen PMD eingeführt wurde, soll die Befragung im Oktober/November 2018 (62 genehmigte PMD) erneut durchgeführt werden.
Gefördert durch den „Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft“.
Projektleitung: Prof. Dr. med. Johanna Anneser, Funktionsbereich Palliativmedizin, TU München
Projektmitarbeiter: Dipl.-Psych. Tamara Thurn
Kooperationspartner: Prof. Dr. med. Gian Domenico Borasio, Universität Lausanne, Schweiz
Die Amyotrophe Lateral Sklerose (ALS) ist eine fortschreitende, neurodegenerative Erkrankung ohne Möglichkeit einer kausalen Therapie. Patienten versterben meist innerhalb von drei Jahren nach Symptombeginn. Die Behandlung ist palliativ und hat das Ziel, eine möglichst hohe Lebensqualität zu erreichen und Leiden zu minimieren. Durch die Komplexität und den rapiden Progress der ALS bedarf es eines multidisziplinären Behandlungssystems, das auf einer verlässlichen Einordnung der Krankheitsstadien und leitliniengerechter Symptomkontrolle beruht.
Ziel des Konsortiums ALS CarE ist es, klinische Daten aus populationsbasierten Quellen mit einem Behandlungsprogramm zu verknüpfen. Lebensqualität und Patientenerfahrungen werden erfasst, und die Behandlung entsprechend der einzelnen Krankheitsstadien von Diagnosestellung bis zum Tod wird optimiert. Eine gesundheitsökonomische Analyse soll zentrale Unterschiede in der Bereitstellung von Ressourcen identifizieren. Insgesamt soll das Projekt einen Rahmen bilden, um eine leitliniengerechte Behandlung der ALS zu ermöglichen.
Das Studienzentrum an der TU München ist dabei federführend für das Teilprojekt „Workpackage 3: Quality of life, carer burden, advance directives and end-of-life decisions“ zuständig. Es sollen hierbei vor allem interkulturelle Unterschiede zwischen den beteiligten europäischen Ländern herausgearbeitet werden, insbesondere Unterschiede bezüglich der Lebensqualität von Patienten und Angehörigen, der juristischen Grundlagen medizinischer Entscheidungen, sowie der Einstellungen zu Entscheidungen am Lebensende.
Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des EU Joint Programme - Neurodegenerative Disease Research (JPND).
Projektleitung:
- Prof. Dr. med. Johanna Anneser, Funktionsbereich Palliativmedizin, TU München;
- Prof. Dr. med. Dr. phil. Andrea Winkler, Neurologische Klinik und Poliklinik, TU München
Projektmitarbeiter: Dipl.-Psych. Tamara Thurn; Christine Chahli; Dr. Isra Black
Kooperationspartner:
- Prof. Dr. Orla Hardiman, Trinity College Dublin, Irland
- Prof. Dr. Leonard Van den Berg, University Medical Center Utrecht, Niederlande
- Prof. Dr. Ammar Al-Chalabi, King’s College London, UK
- Prof. Dr. Chris MCDermott & Dr. Paul Tappenden, University of Sheffield/Sheffield Institute of Neuroscience, UK
- Prof. Dr. Adriano Chió & Dr. Gabriele Mora, Consortium Maugeri, Scientific Insitute of Milano/University of Turin, Italien
- Prof. Dr. Thomas Mayer, Charité Universitätsmedizin Berlin, DeutschlandProf. Dr. Walter Sermeus & Prof. Dr. Wim Robberecht, Katholieke Universiteit Leuven, Belgien
Publikationen:
- Jox RJ, Black I, Borasio GD, Anneser J. Voluntarily Stopping Eating and Drinking: Is medical support ethically justified? BMC Med 2017 15: 186. doi:10.1186/s12916-017-0950-1.
- Black, Isra. Refusing Life-Prolonging Medical Treatment and the ECHR. Oxford Journal of Legal Studies 2018 38 (2):299-327
- Thurn T, Borasio GD, Chió A, Galvin M, McDermott C, Mora G, Winkler A, Anneser J (in review). Physicians’ Attitudes towards End-of-Life Decisions in Amyotrophic Lateral Sclerosis. Amyotrophic Lateral Sclerosis and Frontotemporal Degeneration
Leitung:
Prof. Dr. med. Johanna Anneser
Mitarbeiter der Forschungs-AG:
- Dipl.-Psych. Tamara Thurn, Psychologin
- Prof. Dr. med. Dr. phil. Andrea Winkler
Kooperationspartner:
- Prof. Dr. med. Dr. phil. Ralf J. Jox, Professor für geriatrische Palliativmedizin, Universität Lausanne, Schweiz
- Prof. Dr. med. Gian Domenico Borasio, Universität Lausanne, Schweiz
- Prof. Dr. Orla Hardiman, Trinity College Dublin, Irland
- Prof. Dr. Leonard Van den Berg, University Medical Center Utrecht, Niederlande
- Prof. Dr. Ammar Al-Chalabi, King’s College London, UK
- Prof. Dr. Chris MCDermott & Dr. Paul Tappenden, University of Sheffield/Sheffield Institute of Neuroscience, UK
- Prof. Dr. Adriano Chió & Dr. Gabriele Mora, Consortium Maugeri, Scientific Insitute of Milano/University of Turin, Italien
- Prof. Dr. Thomas Mayer, Charité Universitätsmedizin Berlin, DeutschlandProf. Dr. Walter Sermeus & Prof. Dr. Wim Robberecht, Katholieke Universiteit Leuven, Belgien
- Anneser, J., Thurn, T. & Borasio, G.D. (2018). Entwicklung der Palliativmedizinischen Dienste (PMD) in Bayern 2011–2015: Aufgaben, Akzeptanz, Struktur und Finanzierung. Gesundheitswesen, 80, 888-893
- Jox RJ, Black I, Borasio GD, Anneser J. Voluntarily Stopping Eating and Drinking: Is medical support ethically justified? BMC Med 2017 15: 186. doi:10.1186/s12916-017-0950-1.
- Black, Isra. Refusing Life-Prolonging Medical Treatment and the ECHR. Oxford Journal of Legal Studies 2018 38 (2):299-327
- Thurn T, Borasio GD, Chió A, Galvin M, McDermott C, Mora G, Winkler A, Anneser J (in review). Physicians’ Attitudes towards End-of-Life Decisions in Amyotrophic Lateral Sclerosis. Amyotrophic Lateral Sclerosis and Frontotemporal Degeneration